Das erste Treffen der Expert Groups der European Federation of Journalists vom 18. bis 19. September in Wien sollte die Mitglieder miteinander vernetzen und so durch eine vertiefte Zusammenarbeit den Weg für eine zukünftige lösungsorientierte Herangehensweise an Herausforderungen im Journalismus ebnen.

Oder, um mit den Worten von EFJ-Präsidentin Maja Sever zu sprechen: „We are here to protect free and professional journalism“.

Zunächst fanden die gewohnten Treffen in den Gruppen statt. In der GENDEG Gruppe dominierte die Frage nach der Art der Zusammenarbeit. Was könnten die anderen Gruppen von uns benötigen, was genötigen wir von den anderen Gruppen? Welche Pains treiben uns um? Wir können uns gegenseitig unterstützen und spezifische Themen gemeinsam angehen, mit dem Wissen und Personen aus allen Gruppen. KI ist hier ein hervorragendes Beispiel, denn sie betrifft alle Expert Groups und alle Expert Groups liefern hierzu unterschiedliche Gesichtspunkte und Ansätze.

KI als Katalysator von Stereotypen

In Bezug auf das Thema Diversität ist einer dieser Gesichtspunkte, den es zu bedenken gibt, dass die KI schon vorhandene Stereotype eher verstärkt und als Katalysator dient, da sie mit vorhandenen Inhalten arbeitet und diese durch Wiederholung verstärkt. Die KI reproduziert so alte Denkweisen und kann sie nicht konstruktiv weiterentwickeln. Newskonsumentinnen und -konsumenten bekommen so nicht nur vermehrt Stereotype angezeigt, sondern ihnen wird im Umkehrschluss auf diese Art und Weise auch diverse Information vorenthalten.

Zudem steigt die Gefahr, verbreitete Desinformation noch weniger als solche erkennen zu können als bisher. Das Thema Online Harassment, von dem zum Beispiel Frauen in höher Zahl betroffen sind, wird sich weiter ausbreiten. Die KI kann keine Zusammenhänge erkennen und analysieren und so letztlich auch keine Schaden zufügenden Inhalte. Die KI analysiert Worte und deren Wahrscheinlichkeiten und Zusammenhänge. Das reicht jedoch nicht aus, um zum Beispiel Hate Speech zu erkennen.

Hier ist einer der Anknüpfungspunkte für die Zusammenarbeit mit FREG, denn besonders Freelancer bekommen wenig Unterstützung aus ihren Newsrooms und sind oft weitestgehend auf sich allein gestellt. Gender and Diversity Equality im Newsroom wiederum wären potenzielle Themen für die Zusammenarbeit mit BREG und LAREG.

Die GENDEG hat Verbindungspersonen für jede andere Gruppe bestimmt, die im engen Austausch bleiben soll und damit gewährleistet, dass die Kommunikation transparent fließen kann.

KI als Chance nutzen, aber mit klaren Regeln

Und wie gut schon ein Brainstorming in aus den Gruppen zusammengestellten Kombinationen funktioniert, zeigte sich vor Ort am Thema KI. Nach Impulsen durch Deniz Wagner (OSCE), Florian Matscheko (ORF) und Mogens Blicher Bjerregard (DJ/EFJ) stand die Erarbeitung von für den Journalismus entscheidenden, zu bearbeitenden Gesichtspunkten im Vordergrund. „Wir brauchen umfassende Transparenz und ein System, das dem öffentlichen Interesse dient“, forderte Deniz Wagner in ihrer Rede.

Wie können wir also unsere Inhalte kennzeichnen, sodass erkannt werden kann, dass die KI sie nutzt oder genutzt hat? Wie könnte ein potenzielles Vergütungsmodell aussehen?

Ab wann gilt ein Inhalt als „mit KI produziert“? Wie könnte eine Kennzeichnungspflicht aussehen? Wie wird die KI die Arbeit in den Redaktionen insgesamt verändern?

Entscheidenden Moment nicht verpassen

Einigkeit bestand darüber, dass es eine Regulierung braucht, dass der AI Act der EU nicht weit genug geht und deshalb der maßgeblich von der für den DJV tätigen Juristin Hanna Möllers erarbeitete Erweiterungs-/Änderungsvorschlag extrem wichtig ist. Zudem, dass eine Zusammenarbeit mit Universitäten und KI Spezialisten notwendig ist und, dass genau jetzt ein entscheidender Moment ist, um Einfluss darauf zu haben, wie die Zukunft mit AI aussehen wird und kann. Diesen Moment dürfen wir nicht ungenutzt vorbeiziehen lassen.

Und wir müssen uns als Medienschaffende mit der Funktionsweise der Technik auseinandersetzen, sie ausprobieren, um sie letztlich so einsetzen zu können dass sie uns unterstützen kann. Zum Beispiel, was repetitive Aufgaben angeht.

Der Journalismus braucht technische Kompetenz

Die Gefahr, dass Jobs wegbrechen, liegt auf der Hand. Welche neuen Arbeitsfelder können entstehen, wie können wir uns weiterqualifizieren? Wir brauchen zukünftig größere technische Kompetenzen im Journalismus, die dringend in die Ausbildung integriert werden müssen.

Eine Diskussion, die in kürzester Zeit verschiedenste Aspekte auf den Plan gerufen hat, die sicher und schnell weitergeführt und zu Taten führen sollte.

Über welche Plattform kommunizieren wir weiter?

Ein Thema im Plenum mit den anderen Gruppen bildete schließlich noch die Wahl der Plattform. Wie und über welchen Kanal werden Informationen ausgetauscht? Wird es eine Webunterseite geben, auf der die einzelnen Gruppen ihren eigenen Bereich bekommen und dort die wichtigsten News und Links veröffentlichen statt in einer Linkflut zu versinken? Wird Telegram weiter genutzt? Es gab Pros und Cons und konstruktive Diskussionen, die mit in die Gestaltung der EFJ-Gruppen-Arbeit für die Zukunft mitgenommen werden können.

Zwei Tage voller wertvoller Ideen und Kontakte. Ein Austausch, der dringend notwendig für die Gestaltung des Journalismus der Zukunft ist. Gerade auch, wenn es darum geht die Glaubfähigkeit zu stärken, das Überleben von qualitativ hochwertigem Journalismus zu sichern und nicht zuletzt das Wohlergehen der im Journalismus arbeitenden Menschen zu schützen.

Und letztlich sollten wir folgenden, von Florian Matscheko geäußerten Appell, nicht aus den Augen verlieren:

“Think of AI as a tool, not workforce”.

Natürlich war zwischendurch auch ein ganz klein wenig Zeit, um das wunderschöne Wien zu erkunden. Ein Abendessen im Rathaus, diverse Kaffees und Törtchen und blauer Himmel standen auch auf dem Programm.