Drei Tage Zypern. Drei Tage voller neuer Begegnungen und Erkenntnisse. 16 Journalistinnen und Journalisten aus unterschiedlichsten Ländern. Ein Thema: „Rewriting the Story: Tackling Media Gender Stereotypes in Political and Public Life” (#ReWritingTheStoryEU)

Organisiert von der IFJ und durchgeführt von Marie Palmer, PHD in Media Sciences, Research Associate, Center for media pluralism and Freedom am European University Institute.

Train the Trainer – #RewritingTheStoryEU

Kein Workshop, sondern ein Train the Trainer Kurs. Und zwar mit dem Ziel, zunächst unser eigenes Verständnis und Bewusstsein für genderstereotype Ausdrücke und Herangehensweisen  bei der Darstellung von Politikerinnen in den Medien weiter zu schärfen und uns darüber hinaus unserer eigenen Verhaltensweisen diesbezüglich im Berufsalltag klar zu werden. Am Ende jedoch sollten wir alle in der Lage sein, unser Wissen an die Kolleginnen und Kollegen weiterzugeben.

Ich kann an dieser Stelle schon mal verraten: Mission accomplished.

Frauen nach wie vor unterrepräsentiert

Und warum das Ganze? Weil laut einer aktuellen Studie des Global Media Monitoring Projects (GMMP) Frauen nach wie vor nicht nur in der Politik unterrepräsentiert sind, sondern auch weniger über sie berichtet wird. Und wenn dies geschieht, so sind dabei oft Stereotype im Spiel. Es geht um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um die Frisur, um die Schuhe und leider immer noch oft nicht vorrangig um politische Inhalte.

Die Marginalisierung von Frauen in den Medien wird durch ihre intersektionalen Identitäten in Bezug auf Geschlecht, Rasse, Fähigkeiten und rechtlichen Status noch verstärkt.

Die Umkehrregel

Was heißt eigentlich geschlechtsunabhängige Berichterstattung? Welche Faktoren haben Einfluss darauf und wie können wir eine Verbesserung bewirken. Eines ist klar, komplette Neutralität ist nicht möglich, doch eine andere Herangehensweise sehr wohl.

Und wie? Zum Beispiel, indem wir die so genannte „Rule of Reversibility“ anwenden, wenn wir ein Interview führen oder einen Text schreiben. Wir sollten uns die Frage stellen, ob wir einem Mann dieselbe Frage stellen oder Sätze auch genau so über ihn schreiben würden.

Genderbasierte Nachrichtenwerte

Gibt es einen genderspezifischen Unterschied bezüglich des Nachrichtenwerts? Ist der Familienstand einer Frau berichtenswerter als der eines Mannes, der Kleidungsstil eher eine Meldung wert oder etwa doch die gerade nicht sitzende Frisur? Wie können wir eigentlich einen genderneutralen Nachrichtenwert definieren? Wie gehen wir damit um, wenn es heißt, es gebe einfach weniger weibliche Expertinnen auf einem Gebiet und dies als Begründung genommen wird, wieder nur über einen Mann zu berichten.

Immer wieder haben wir uns in den drei Workshop-Tagen eigene Texte und die anderer Medienschaffender angeschaut und anhand unterschiedlichster Gesichtspunkte analysiert. Wie können wir typisches Framing wie „Politik ist eine Männerdomäne“ oder „Frauen können nicht alles haben“, „Frauen sind zu emotional“ endlich entkräften und zukünftig ausschließen? Welche länderspezifischen Framings gibt es? Welche sind global?

Kritische Diskursanalyse

Anhand kritischer Diskursanalyse konnten wir die genderspezifische Verwendung von Wörtern, Semantik und Redewendungen aufdecken und eigene Schreibgewohnheiten untersuchen. Natürlich haben wir uns auch Bilder, Videos und Berichterstattung in sozialen Medien angeschaut. Wo gibt es hier Auffälligkeiten? Teils sind es subtil eingesetzte Elemente, die Politikerinnen als schwächer, emotionaler, inkompetenter erscheinen lassen. So finden wir weibliche Politikerinnen beispielsweise eher oft mit dem ganzen Körper im Bild statt nur als Porträt, auch Beine sind ein beliebtes Motiv. Darüber hinaus lassen sich im optischen Zusammenspiel mit männlichen Kollegen oder Partnern Auffälligkeiten erkennen.

 Networking-Power

Neben dem wichtigen Input, spielte vor allem das Netzwerken eine große Rolle. Am Ende die Erkenntnis, dass die Herausforderung zwar von Land zu Land verschiedene Facetten stärker hervortreten lässt, jedoch grundsätzlich alle dringend etwas für genderneutrale Darstellung von Politikerinnen und Politikern tun sollten.

Ein großer Dank gilt Pamela Morinière und Nisrine Salameh von der IFJ, die das Training begleitet haben. Und Christos Christofides von der „Union of Cyprus Journalists”.

Breites Bewusstsein schaffen und alle mitnehmen

Das Resultat der Zeit in Zypern: Eine der Hauptaufgaben wird es sein, zunächst ein breiteres Bewusstsein für das Thema zu schaffen, sowohl bei Einzelpersonen, als auch in den Redaktionen und in der Führungsetage. Die größte Herausforderung dürfte es sein, auch diejenigen für ein Training zu begeistern, die negieren, dass es genderbasierte Berichterstattung überhaupt gibt oder aber diejenigen, die darin kein Problem sehen.

Ich freue mich jedenfalls darauf, schon bald viele Kolleginnen und Kollegen zu dem Thema zu schulen. Vielleicht sogar gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in länderübergreifenden Workshops.

Und nach Zypern werde ich auch bald nochmal reisen. Um das Land, seine Leute und Tiere in Ruhe kennenzulernen.

English version

Three days in Cyprus. Three days full of new encounters and insights. 16 female and male journalists from different countries. One topic: „Rewriting the Story: Tackling Media Gender Stereotypes in Political and Public Life“ (#ReWritingTheStoryEU).

Organised by the IFJ and conducted by Marie Palmer, PHD in Media Sciences, Research Associate, Center for media pluralism and Freedom at the European University Institute.

Train the Trainer – #RewritingTheStoryEU

Not a workshop, but a Train the Trainer course. The aim of the course is firstly to increase our own understanding and awareness of gender stereotypical expressions and approaches in the portrayal of female politicians in the media, and secondly to become aware of our own behaviour  in our everyday professional lives. In the end, however, we should all be able to pass on our knowledge to our colleagues.

I can reveal at this point: Mission accomplished.

Women still underrepresented

And why all this? Because according to a recent study by the Global Media Monitoring Project (GMMP), women are still not only underrepresented in politics, but also less reported on. And when this happens, stereotypes are often at play. It is about the compatibility of family and work, about the hairstyle, about the shoes and unfortunately still often not primarily about political content.

The marginalisation of women in the media is compounded by their intersectional identities in terms of gender, race, ability and legal status.

The Reversal Rule

What does gender-neutral reporting actually mean? What factors influence it and how can we bring about an improvement. One thing is clear, complete neutrality is not possible, but a different approach is.

And how? For example, by applying the so-called „rule of reversibility“ when we conduct an interview or write a text. We should ask ourselves whether we would ask a man the same question or write sentences about him in exactly the same way.

Gender-based message values

Is there a gender difference in newsworthiness? Is a woman’s marital status more newsworthy than a man’s, is her style of dress more newsworthy or is it the haircut that just doesn’t fit? How can we actually define gender-neutral news value? How do we deal with it when it is said that there are simply fewer female experts in a field and this is taken as a reason to report only about a man again?

During the three days of the workshop, we repeatedly looked at our own texts and those of other media professionals and analysed them from various points of view. How can we finally invalidate typical framing such as „politics is a male domain“ or „women can’t have everything“, „women are too emotional“ and exclude them in the future? Which country-specific framings exist? Which are global?

Critical discourse analysis

Using critical discourse analysis, we were able to uncover the gender-specific use of words, semantics and phrases and examine our own writing habits. Of course, we also looked at pictures, videos and reporting in social media. Where are there conspicuous features here? In part, there are subtle elements that make female politicians appear weaker, more emotional, more incompetent. For example, we often find female politicians with their whole body in the picture instead of just as a portrait; legs are also a popular motif. Furthermore, conspicuous features can be seen in the visual interaction with male colleagues or partners.

Networking power

Besides the important input, networking played a major role. At the end, the realisation that although the challenge a little different from country to country, basically everyone should urgently do something for gender-neutral portrayal of politicians.

A big thank you goes to Pamela Morinière and Nisrine Salameh from the IFJ who accompanied the training. And Christos Christofides from the Union of Cyprus Journalists.

Creating broad awareness and bringing everyone along

The result of the time in Cyprus: one of the main tasks will be to first create a broader awareness of the topic, both among individuals and in the editorial and management teams. The biggest challenge will probably be to inspire even those for training who deny that gender-based reporting exists at all or those who see no problem in it.

In any case, I am looking forward to training many colleagues on the topic soon. Maybe even together with colleagues in transnational workshops.

And I will also be travelling to Cyprus again soon. To get to know the country, people and animals in a relaxed way.