Strahlender Sonnenschein, die vorbeisausende, hellblaue Schwebebahn und das Zusammentreffen von rund 150 gut gelaunten Medienschaffenden direkt an der Wupper. Beste Voraussetzungen für den Journalismuskongress „Besser Online 2023“ in Wuppertal. Der Titel „Mensch & Maschine – welche Intelligenz Journalismus braucht“.

KI ist das Thema, das gerade alle umtreibt. Wird die künstliche Intelligenz uns ersetzen oder kann sie wertvolle Unterstützung bieten? Schon in der Keynote von Christian Stöcker ging es ans Eingemachte. Er ist der Überzeugung, dass wir alle ein Grundverständnis über die Funktionsweise der KI benötigen und stieg direkt damit ein. Es hat keinen Sinn, die Augen vor der exponentiellen Veränderung zu verschließen, viel wichtiger ist, es, sich an sie zu gewöhnen, ihre Chancen, aber auch Gefahren zu sehen. Nur, wenn wir uns mit ihr auseinandesretzen, werden wir auch in der Lage sein, Desinformation zu erkennen und dieser entgegenzuwirken. Es braucht eine Kennzeichnung von mit KI generierten Inhalten, ebenso wie die Information, ob ich gerade mit einer KI oder einem Menschen spreche, so Stöcker. Was es aber vor allem braucht, ist eine Offenlegung der Datensätze, mit denen die KI trainiert. Und zwar im Detail. Urheberrechtsverletzungen geschehen jetzt schon, es wird Zeit, dass hier etwas geschieht. Zack. Alle wach.

Inhalte aus dem „Besser Online“-Hauptraum im Nachhinein anschauen

Wenn man selbst maßgeblich an der Organisation solch eines Kongresses beteiligt und das Programm mitgestaltet hat, moderiert und koordiniert, dann ist es gar nicht so einfach, auch etwas von den Inhalten an dem Tag mitzubekommen und sich für alle genug Zeit zu nehmen. An dieser Stelle ein großes Sorry an alle, denen ich nur kurz meine Aufmerksamkeit widmen konnte oder für die ich vielleicht sogar gar keine Zeit gefunden habe. Wir holen das an anderer Stelle nach, promised.

So habe ich größtenteils verpasst, dass Philipp Mahlow und Ralf Schädel vom eco über die Gestaltung des KI-Standorts Deutschland geredet haben. Ebenso gern mitbekommen hätte ich die Talks zum Thema „Technologie gegen Deepfakes“, KI-Berichterstattung mit „BotCast“ von Sascha Devigne und viele, viele weitere. Hier kurz der Hinweis, dass ihr euch zumindest die Inhalte aus dem Hauptraum im Nachhinein auf dem DJV-Youtube-Kanal anschauen könnt.

Mastodon oder Bluesky als Twitter-Alternative?

Ein Panel habe ich tatsächlich halbwegs verfolgen können. Und zwar das von Dennis Horn und Katharina Nocun, moderiert von Johannes Meyer. Der Titel „Ist Twitter tot?“. Twitter-Vogel Larry hat das Zeitliche gesegnet und ist einem kalten X gewichen. Und, was das Inhaltliche betrifft: Zumindest, so das Fazit, ist Twitter bereits für viele Medienschaffende tot. Denn seit Musk übernommen hat, driftet das einst so wertvolle Netzwerk in eine gefährliche rechte Richtung, Desinformation und Anfeindungen nehmen zu. Was ist die Alternative? Mastodon? Bluesky? Letztlich wird sich zeigen, was sich durchsetzt. Und doch ist es eine Herausforderung, denn wenn auf Twitter die Followerzahl hoch ist, muss diese in neuen Netzwerken erst mühselig aufgebaut werden.

In den Google-Workshop zum Thema „Prebunking“ mit Luisa Fernau konnte ich kurz reinlauschen, ebenso in den „Prompting“-Workshop von Stanley Vitte und das sehr witzige KI-Pub-Quiz mit Jan Eggers.

Peer-to-Peer Support in Zeiten der Veränderung

Was es sonst noch abseits der KI-Themen gab: Ein Panel zumThema „Journalismus mit Migrationshintergrund“, ein Talk zu „Verschwörungstheorien“, ein Panel zu Investigativrecherche,  eines zu KI mit Expert*innen von Finanztipp und Tagesspiegel und ein Panel zum Thema „Mental Health“, an dem ich selbst beteiligt war. Gemeinsam mit Gavin Rees vom Dart Centrer for Journalism and Trauma habe ich unter anderem auch darüber gesprochen, dass im November die „Helpline“ an den Start geht. Ein gemeinsames Projekt von Netzwerk Recherche und dem Dart Center. Es handelt sich dabei um eine Peer-to-Peer-Helpline, die anonym und kostenfrei ist.  In dem Panel kristiallisierte nochmal deutlich sich heraus, dass vor allem freie Medienschaffende diese Art von Unterstützung dringend wünschen.

Den Sieg des StartUP-Pitches, moderiert von der Vorjahressiegerin Nalan Sipar, konnte sich in diesem Jahr Varia Research, präsentiert von Georg Horn sichern.

Hofgespräche mit wertvollen Ideen

Zu ein, zwei Zwischendurch-Hofgesprächen habe ich es dann auch noch geschafft. Habe mit Nalan Sipar über ihre spannende Idee eines türkisch-deutschen Medienprojekts geplaudert und mit Professor Dr.-Ing. Philipp Slusallek über die Idee eines möglichen gemeinsamen Impulses zur KI-Regelung. Mal schauen, was sich daraus entwickeln wird.

Für rege Diskussionen sorgte die Abschlussspeakerin Stella Schaller. Sie stellte die Frage, ob wir ein neues Mindset für den Journalismus der Zukunft benötigen. Ich stimme ihr voll zu und sage klar „Ja“! Und hier schließt sich der Kreis. Denn wir werden die exponentielle Veränderung nicht aufhalten, sondern sollten konstruktiv und gemeinsam unsere Zukunft gestalten.

Live-Vernetzung und ein großes Dankeschön

Und noch ein kleines Highlight. Der Fachausschuss Online organisiert jedes Jahr den Kongress und beschäftigt sich darüber hinaus mit für den Journalismus relevanten Online-Themen. Wir konnten auf dem Kongress mit Alexandra Amanatidou ein neues Mitglied gewinnen, weil wir sie durch die Veranstaltung begeistert haben. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit.

Wohin es uns im nächsten Jahr verschlagen wird, ist noch nicht ganz klar. Was jedoch feststeht und was „Besser Online“ in diesem Jahr mal wieder gezeigt hat: Die Live-Vernetzung, gemischt mit spannenden Workshops und Panels, ist extrem wertvoll in dieser digitalen Zeit.

Bleibt mir noch, danke zu sagen an alle Partner, die die Veranstaltung unterstützt haben, an die FA-Kolleg*innen, an Luciana Aguileira und an alle, die als Mitwirkende und Besucher*innen dabei waren. Ihr wart wunderbar!