Der „Digital News Report 2024“ von Reuters macht klar, dass tiefgreifende Veränderungen im Medienkonsum stattfinden und damit die Herausforderungen für die Medienbranche weltweit wachsen. Der Bericht basiert auf Daten von sechs Kontinenten und 47 Märkten und beleuchtet erstmals auch die Nutzung von KI im Journalismus.

Fragmentierung der Online-Nachrichtennutzung

Generell lässt sich sagen, dass die Nutzung der Online-Nachrichtenplattformen zunehmend fragmentierter wird. Vor einem Jahrzehnt erreichten nur zwei Netzwerke mindestens 10 % der Befragten, heute sind es sechs. YouTube wird wöchentlich von fast einem Drittel (31 %) der globalen Stichprobe als Nachrichtenquelle genutzt, WhatsApp von rund einem Fünftel (21 %), und TikTok (13 %) hat X (10 %) überholt.

Die Bedeutung von Videos wächst weiter

Videos gewinnen als Quelle für Online-Nachrichten immer mehr an Bedeutung, besonders bei jüngeren Gruppen. Kurze Nachrichtenvideos werden wöchentlich von zwei Dritteln (66 %) der Stichprobe angesehen, längere Formate von etwa der Hälfte (51 %). Die meisten Nachrichtenvideos werden über Online-Plattformen (72 %) und nicht über Medienwebsites (22 %) konsumiert.

Die Studie untersucht auch, warum das so ist. Die Befragen nennen drei wesentliche Faktoren, die für die Nutzung von Videos als News-Quelle sprechen:

  • Seeing is believing – sie haben mehr Vertrauen zu Dingen, die sie sehen und nicht nur lesen
  • Convenience – hier können sie gezielt nach Kanälen suchen, die ihren Interesen entsprechen
  • Diverse Perspectives – Meinungsvielfalt, nicht nur Mainstream-Medien

Generelle Veränderung der Zugangswege zu Nachrichten

Soziale Medien oder Suchmaschinen dienen mittlerweile als Hauptquelle für Online-Nachrichten. Nur etwa ein Fünftel der Befragten (22 %) nutzt Nachrichtenwebsites oder -apps als Hauptquelle für Online-Nachrichten – ein Rückgang um 10 Prozent seit 2018. Einige Verlage in Nordeuropa konnten diesem Trend entgegenwirken, doch jüngere Gruppen zeigen überall eine schwächere Bindung zu Nachrichtenmarken als früher.

Selektive Nachrichtenvermeidung

Etwa vier von zehn Befragten (39 %) geben an, Nachrichten manchmal oder oft zu meiden – ein Anstieg um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt. Ein Grund, ist, dass sich viele von der Menge der Nachrichten überfordert fühlen. Der Anstieg ist in Brasilien, Spanien, Deutschland und Finnland besonders ausgeprägt. Die Konflikte in der Ukraine und im Nahen Osten könnten einen Einfluss auf diese Entwicklung haben. Laut des Berichts deuten die Ergebnisse auch darauf hin, dass sich Medien möglicherweise zu sehr darauf konzentrieren, über Top-News zu informieren und nicht genug Zeit darauf verwenden, verschiedene Perspektiven zu vermitteln oder konstruktiv zu berichten.

Desinformation – Befürchtungen wachsen

Vorauszusehen war, dass die Besorgnis über Desinformation steigt. So geschehen im letzten Jahr um 3 Prozent, wobei etwa sechs von zehn Befragten (59 %) angaben, besorgt zu sein.

Vertrauen und Nutzung von KI im Journalismus

Der Bericht untersucht erstmals ausführlich die Einstellung der Konsument*innen zur Nutzung von KI im Journalismus. Die Ergebnisse zeigen, dass das Publikum generell möchte, dass Menschen die Kontrolle behalten, wenn KI eingesetzt wird. Verlage sollten daher vorsichtig vorgehen, da das Vertrauen des Publikums, das mit 40% sowieso schon relativ gering, aber immerhin seit dem letzten Report stabil ist, auf dem Spiel steht. In Deutschland steht die Mehrheit dem Einsatz von KI skeptisch gegenüber. Nur 14 % der Befragten können sich mit der Nutzung von Nachrichten, die hauptsächlich von KI produziert werden, anfreunden. Wenn die Nachrichten jedoch hauptsächlich von Journalisten mit Unterstützung von KI produziert werden, steigt der Anteil auf jeden Dritten (36 %). Die transparente Kommunikation darüber,  wo und wie KI genutzt wird, spielt ebenfalls eine große Rolle.

Interessant ist, dass die globalen Ergebnisse zeigen, dass Menschen am offensten gegenüber dem Einsatz von KI ist, wo sie hilft, die die Erfahrungen bei der Nutzung von Nachrichten zu verbessern, indem sie personalisierte und leichter zugängliche Informationen liefert. Sie fühlen sich weniger wohl, wenn es um sensible oder wichtige Themen und synthetische Videos oder Bilder geht, die wie echt wirken könnten und bei denen die Folgen eines Fehlers als besonders schwerwiegend angesehen werden.

https://reutersinstitute.politics.ox.ac.uk/digital-news-report/2024