Was ist eigentlich Peer-to-Peer Support? Und warum gewinnt das Konzept gerade immens an Bedeutung? Druck und Stress im Journalismus steigen, die Aufgabendichte wird höher, der Ton rauer. Traumatische Erlebnisse sind keine Seltenheit, Anfeindungen fast an der Tagesordnung. Egal, wie resilient jemand ist, das prallt an niemandem einfach so ab. Der Bedarf an Hilfe wächst täglich.

Beim Peer-to-Peer Support geht es um Unterstützung auf Augenhöhe. Und genau das soll die Helpline sein, die Netzwerk Recherche gerade plant. Ein Beratungsangebot von Menschen aus dem Journalismus für alle Journalistinnen und Journalisten. Vergleichbare Erfahrungen, eine tiefe Kenntnis des Berufsbildes schaffen Verbindung und Vertrauen. Das Angebot ist niedrigschwellig. Oft ist das Gefühl, nicht allein zu sein mit dem Problem, schon eine enorme Erleichterung. Die Gespräche werden kostenlos und selbstverständlich anonym sein.

Weiterbildung als Peer-Supporterin in Berlin

Ein paar Wochen ist es her, seit ich Teil einer ersten Gruppe von 15 Menschen war, die zum Peer-Supporter ausgebildet wurden. Vier Tage lang verbrachte ich gemeinsam mit unterschiedlichsten Kolleg:innen an der Journalist_innenAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

Was würde mich erwarten? Trocken vermitteltes Grundlagenwissen? Weit gefehlt. Vier Tage lang erarbeiteten wir gemeinsam mit Friederike Engst und Malte Werner verschiedenste Aspekte des Peer-Supports. Was sind unsere Erwartungen? Was sind unsere Befürchtungen? Wo fängt Peer-Support an und wo sind die Grenzen? Natürlich kann die Helpline keine psychologische Beratung im Sinne einer Therapie leisten, sondern eher erste mögliche Schritte im Umgang mit Belastungen ein Thema sein. Ein Gespräch kann mehr Klarheit vermitteln und Hilfe zur Selbsthilfe leisten, weitere Hilfsangebote aufzeigen. Natürlich immer abhängig vom jeweiligen Anliegen der Anrufenden.

Erwartungen, Ziele und Selbstfürsorge

Wir haben über unsere eigenen Erfahrungen gesprochen, darüber, was uns geholfen hat. Uns gegenseitig zugehört. Was ist überhaupt ein BurnOut, was ist ein Trauma? Was können Symptome sein, welche Fragen können Menschen in belastenden Situationen helfen? Wir haben Ideen entwickelt, wie ein Gesprächsablauf aussehen könnte, welche Fertigkeiten braucht Mensch braucht, der Peer-Support leistet, wie wir unsere Selbstfürsorge im Auge behalten, wie wir uns vernetzen, was die Ziele des Supports sind, die Erwartungen der Anrufenden und noch viel mehr.

Wie wird die Helpline genau aufgebaut sein? Welche formalen Dinge müssen beachtet werden? Wie können wir Hürden reduzieren? In verschiedenen Gruppenarbeiten und Brainstormings war Orga-Konzeption angesagt.  Fest steht, es wird offene Gesprächsstunden geben und solche, für die die Anrufer:innen einen Termin vereinbaren müssen.

Schon ein einziges Gespräch kann weiterhelfen

Und natürlich standen auch simulierte Gesprächssituationen auf dem Programm. Dabei  sind wir durchaus an unsere Grenzen gestoßen. In Detailgesprächen im Nachgang wurde klar, wo es hakt, was Lösungen sein können und wie schwierige Gesprächsverläufe eingefangen werden können. Es gibt ja keine Zufälle: Als ich einen Abend nach dem Train the Peers Workshop im Café saß, bekam ich einen Anruf einer Journalistin, die in einem meiner Resilienz-Seminare war. Sie brauchte Rat in einer herausfordernden Situation und eine Person, die ihr zuhört. Am Ende des Gesprächs gab sie mir die Rückmeldung, dass ihr das Gespräch geholfen habe. Eine tolle Erfahrung, obwohl die Helpline noch gar nicht gestartet ist. Der Bedarf ist da, das Projekt auch, jetzt fehlt nur noch der Startschuss.

DJV unterstützt die Helpline

Noch in diesem Jahr soll es mit der Helpline losgehen. Derzeitige Unterstützer des Projektes sind:  Deutscher Journalisten-Verband, Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger, Dart Center for Journalism and Trauma Europe, Der Spiegel, Friedrich-Ebert-Stiftung, Hochschule Fresenius Heidelberg, Reporter ohne Grenzen, Süddeutsche Zeitung.

Wer auf dem Laufenden bleiben möchte, findet alle wichtigen Informationen unter Helpline.

Und was ist mein Fazit. Mir haben diese vier Tage geholfen, mein Wissen weiter zu vertiefen. Neue Erfahrungen mit tollen Menschen sind hinzugekommen. Das Gefühl, an etwas mitzuarbeiten, dass Kolleginnen und Kollegen eine echte Hilfe sein kann in herausfordernden Situationen. Ich bin glücklich darüber, Teil dieses Projektes zu sein und freue mich auf den Start. Großer Dank geht auch an Markus Hammes, der uns im Namen der Friedrich-Ebert-Stiftung umsorgt hat.