Vor ein paar Tagen habe ich einen Lu Jong Workshop gegeben. Lu Jong ist tibetisches Yoga. Man sagt auch, es sei Meditation in Bewegung. Die Ausbildung als Lu Jong Lehrerin habe ich vor einigen Jahren gemacht, nachdem meine Kursleiterin auf tragische Weise verstorben ist. Seitdem unterrichte ich regelmäßig.
Dass der Kurs voll werden würde, wusste ich im Vorfeld, aber er kam noch eine Herausforderung hinzu. Eine Dame, die nur noch über 5% ihre Sehvermögens verfügt. Sofort setzte sich mein „Monkey Mind“ in Gang. Wie soll das gehen? Sie kann bestimmt gar nicht nachvollziehen, was ich erkläre. Dazu bin ich gar nicht in der Lage, die Übungen so präzise anzuleiten, dass ein fast blinder Mensch sie nachmachen kann. Was ich in solchen Situationen tue? Laut STOPP sagen. Und meditieren. Geht nicht, wenn schon alle da sind? Doch, geht. Also habe ich mich für fünf Minuten in einen anderen Raum zurückgezogen, um meinen Geist zur Ruhe zu bringen.
Dankbar für diese Erfahrung
Anfangs war ich noch etwas unsicher, habe mich natürlich bemüht, alles ganz genau zu beschreiben und zu erklären. Viel genauer als ich es sonst tue. Übung für Übung klappte es nicht nur bei mir besser, sondern ich bekam auch die Bestätigung von der für mein Empfinden sehr mutigen Frau, die alle Übungen exakt ausführte und sich mehr und mehr dafür begeisterte. Und auch die anderen Teilnehmer in der Gruppe nahmen Rücksicht und kümmerten sich in den Pausen liebevoll darum, dass es ihr an nichts fehlte. Auch nicht an leckeren Kleinigkeiten. Bei mir gibt es immer auch etwas Süßes für Zwischendurch. Dieses Mal selbstgemachte Trüffel und Kekse – passend zur Vorweihnachtszeit. Was soll ich sagen, am Ende des Kurses war ich es, die mich bei ihr bedankt hat. Und zwar nicht nur für ihr Vertrauen in mich, dass ich sie gut durch diesen Kurs führen würde. Sondern auch dafür, dass dieser Workshop für mich ganz besonders wertvoll war. Durch ihre Teilnahme war ich gezwungen, die Übungen äußerst achtsam zu erklären, was für mich rückblickend ein wunderbares Korrektiv war. Und auf der anderen Seite hat sie mir durch ihre perfekt nachgemachten Bewegungsabläufe die Bestätigung gegeben, dass ich eine zumindest nicht ganz unfähige Lu Jong Lehrerin bin. Was für ein Geschenk. Für uns beide, denn sie war auch sehr glücklich, die Übungen nun gelernt zu haben und für sich zu Hause weiterführen zu können.
Manchmal stehen uns unsere zweifelnden Gedanken echt fies im Weg. Ich habe wieder mal gelernt, dass, wenn ich mich auf unsichere Situationen einlasse, ich den Raum für schöne Erfahrungen öffne und immer wieder positive Überraschungen die Folge sind.
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